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3 Strategien für einen besseren Umgang mit Lampenfieber

Ob Hobby- oder Profitänzer*in: Lampenfieber ist sehr häufig ein Thema, über das noch zu wenig gesprochen wird. Dabei ist es ein Gefühl, was bestimmt schon fast jeder Mensch einmal erlebt hat, egal in welchem Kontext. Die sogenannte „gesunde Aufregung“ vor jeder Performance oder Prüfung ist wichtig und gehört dazu. Das Adrenalin steigt an und pusht unser mentales und physisches Leistungsvermögen. Doch was, wenn die Nervosität überhand nimmt? Wenn sie uns lähmt und verunsichert und unsere Leistung sogar schmälert, obwohl wir doch gut vorbereitet sind?

Die Gründe für Lampenfieber

Lampenfieber entsteht, wenn wir vor einer wichtigen Aufgabe stehen und dabei befürchten, etwas falsch zu machen oder uns zu blamieren. Das ist vor Prüfungen, öffentlichen Reden, Performances, Bewerbungsgesprächen oder Auditions oft der Fall. Wir sorgen uns darum, ob wir uns wirklich genug vorbereitet haben, ob wir was vergessen könnten oder ob wir wirklich gut genug sind.

Der Körper schüttet unteranderem Adrenalin aus und die Aufregung sorgt dafür, dass wir unsere komplette Aufmerksamtkeit dieser einen wichtigen Aufgabe widmen und unsere Motivation, das beste aus uns herauszuholen, steigt an. So führt ein leichtes Lampenfieber sogar zu einer Leistungssteigerung.

Wie stark wir in einer bestimmten Situation unter Lampenfieber leiden, ist sehr individuell und abhängig davon, welche Erfahrungen wir bereits gemacht haben. Ein selbstbewusster Umgang mit Fehlern kann sich positiv auf die Aufregung auswirken und dabei helfen, an das eigene Können zu glauben. Starke Versagensängste oder negative Erfahrungen mit Fehlern treiben uns eher in eine Negativspirale und verstärken die Unsicherheit. Es hat also viel mit der Erziehung und dem eigenen sozialen Umfeld zu tun, ob wir lösungsorientiert oder destruktiv mit Lampenfieber umgehen.

Wenn die Aufregung überhand nimmt

Ein sehr starker Grad an Anspannung und Aufregung führt dazu, dass wir im wahrsten Sinne des Wortes nicht mehr klar denken können. Wir steigern und in unsere Ängste rein und verlieren den Fokus für das Wesentliche: die anstehende Aufführung, die Prüfung, das Gespräch. Manchmal führt Lampenfieber sogar zu negativen gedanklichen Selbstgespärchen: Das schaffe ich sowieso nicht-Sie werden mich ablehnen-Ich werde mich blamieren-Ich bin nicht gut genug- ….

Diese Negativität mit sich selbst erzeugt noch mehr Stress und führt zu einem erhöhten Grad an Konzentrationsmangel. Meistens wird der psychische Stress begleitet von Symptomen wie Herzrasen, Übelkeit, Kopfschmerzen oder Atemproblemen. Zusätzlich verhärten sich die Muskeln durch die Anspannung und die Verletzungsgefahr steigt an. Ist das Lampenfieber auf dieser Stufe erreicht, geht in der Regel gar nichts mehr.

Die Kontrolle wiedergewinnen

Es gibt nicht das Wundermittel gegen Lampenfieber. Lampenfieber kann man nicht einfach wegzaubern, aber es gibt unterschiedliche Methoden, damit besser umzugehen. Es hängt auch viel vom Individuum ab, welche Methode gut geeignet ist. Deshalb sind die folgenden Strategien nur Vorschläge und Hilfestellungen, wie man einen konstruktiven Umgang mit Lampenfieber finden kann. Es bleibt aber jedem Menschen selbst überlassen, was davon hilfreich ist und was davon einfach nicht passt.

1. Atemübungen

Atmen ist in stressigen Situationen (eigentlich in allen Situationen) total wichtig. Nur so wird der Körper mit ausreichend Sauerstoff versorgt, der wichtig ist für unsere Gehirnleistung, die Nährstoffversorgung unserer Muskeln und das Herz-Kreislauf-System. Durch bewusstes Atmen bewirken wir also eine positive Veränderungen auf der physiologischen Ebene. Gleichzeitig lenken wir unsere Aufmerksamkeit weg von den negativen Gedanken. Atemübungen können uns also dabei helfen, einen Fokus zu finden und Ruhe in Körper und Geist zu bringen.

Wie atmen? Da gibt es mehrere Möglichkeiten und auch hier hängt es sehr von den individuellen Bedürfnissen ab. Manchmal reicht es bereits aus, einfach langsam und gleichmäßig durch die Nase ein- und auszuatmen. Zum Beispiel 3 Sekunden ein und 3 Sekunden aus. Oder länger oder kürzer. Es gibt auch die Möglichkeit, einmal tief einzuatmen und bewusst zwei Mal auszuatmen. Einigen Menschen hilft es sehr, durch die Nase einzuatmen und durch den Mund auszuatmen. Auch ob die Augen dabei offen oder geschlossen sind, hängt davon ab, wie man sich wohl fühlt. Das wichtigste ist: Es geht dabei um Ruhe, Fokus und Kontrolle. Wenn ich mich bei einer Atemtechnik unwohl fühle, dann ist sie einfach nicht für mich geeignet und das ist okay.

Die Atmung kann auch mit ruhigen Bewegungen wie Strecken der Arme, Kopfkreisen oder Mobilisierung der Wirbelsäule kombiniert werden.

2. Warm-Up Routine

Routinen geben uns eine Struktur und eine Sicherheit im Alltag. Das ist auch im Tanz sehr wichtig. Vielen Tänzerinnen und Tänzern hilft eine spezielle pre-performance Warm Up Routine, um sich zu konzentrieren und auf die Vorstellung einzustimmen. Das ist vor allem bei Lampenfieber eine sehr gute Umgangsstrategie. Zum einen lenken wir wieder den Fokus auf den Körper und den Moment, zum anderen führen wir ein bekanntes Bewegungsprogramm aus, was das Gefühl von Sicherheit hervorruft. Quasi ein Ritual. Die Gedanken werden dadurch positiv beeinflusst und gleichzeitig werden die Nerven durch das langsame Erwärmen des Körpers stimuliert. Dieses persönliche Warm Up Ritual kann ebenfalls mit gezielten Atemübungen kombiniert werden.

Was unterscheidet das „Anti-Lampenfieber Warm Up“ von einem normalen Warm Up? Gute Frage. Manchmal unterscheidet es sich überhaupt nicht, weil das alltägliche Warm Up aureicht und sich an die Bedürfnisse vor einer Performance anpasst. Wenn man aber feststellt, dass nur spezielle Übungen oder Bewegungen mehr Ruhe und Fokus vor einer Vorstellung bringen und gut tun, dann kann das pre-performance Warm Up ganz anders aufgebaut sein als im Training. Um das herauszufinden muss man manchmal einige Sachen ausprobieren, aber am besten nicht direkt vor einer Performance sondern in Ruhe. Es ist wichtig, sich ausreichend Zeit für Selbstreflexion zu nehmen und anschließend ein Aufwärmprogramm für die eigenen Bedürfnisse zusammenstellen.

3. Markieren

Es ist wirklich eine total simple Strategie, aber mir persönlich hilft diese am meisten. Ich habe ein großes Sicherheits- und Kontrollbedürfnis und muss immer abchecken, ob ich ausreichend auf etwas vorbereitet bin, um ruhig und konzentriert zu bleiben. Deshalb markiere ich Tänze oder Übungen ganz in Ruhe für mich alleine durch, am besten ohne Musik. Auch beim Markieren haben wir wieder das Prinzip der Fokussierung auf eine bestimmte Sache. Wenn ich mich auf das Material konzentriere, dann denke ich nicht so viel darüber nach, ob ich gut oder schlecht bin oder ob ich einen Blackout bekomme. Durch das Markieren verschaffen wir uns Sicherheit in der Bewegungsabfolge und bekommen dadurch Selbstvertrauen für die Bühne (oder Prüfungssituation). Gleichzeitig koordinieren sich unser Körper und unsere Gedanken, ohne dabei müde zu werden, weil wir die Bewegung nicht vollständig ausführen und das Tempo, indem wir markieren, selbst bestimmen.

Du bist nicht allein

Ganz ehrlich, wir haben alle irgendwann mal Lampenfieber oder Versagensängste. Und so zu tun, als sei dies eine Schwäche bringt wirklich niemandem etwas und ist meiner Meinung nach auch totaler Schwachsinn. Sorgen und Ängste gehören zum Menschsein dazu und hey, auch wenn es manchmal nicht so aussieht, aber auch Tänzer*innen sind ganz normale Menschen. Der Umgang mit Lampenfieber sollte auch in der Tanzausbildung thematisiert werden und solidarisch und respektvoll besprochen werden. Nur wenn ich auch die Möglichkeit bekomme, das Thema zu besprechen und mich mit anderen darüber auszutauschen, kann ich herausfinden, welche Strategien mir besonders helfen und wie ich mit dem Stress am besten umgehen kann. Das lerne ich aber nie, wenn immer so getan wird, als sei es ein individuelles Problem. Schließlich sind die Auslöser für Lampenfiber (oder Prüfungsangst) sehr mit persönlichen und gesellschaftlichen Faktoren verwoben und die Zusammenhänge durchaus komplex.

Es kann also durchaus sinnvoll sein, sich über die persönlichen Erfahrungen mit Lampenfieber auszutauschen und sich gegenseitig Mut zu machen. Trotzdem sollten wir uns bewusst sein, dass es kein Allheilmittel gibt und die Bewältigungsstrategien an die individuellen Bedürfnisse angepasst werden müssen. Und das ist okay.

Wenn du noch weitere Ideen und Erfahrungen zu dem Thema Lampenfieber hast, dann schreibe gern einen Kommentar oder schick mir eine Mail. Ich freue mich sehr über den Gedankenaustausch.

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