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Ein unterschätztes Meisterwerk: Füße

Unsere Füße sind das Fundament, auf dem wir uns bewegen. Sie tragen uns ein lebenlang durch die Welt, federn die Krafteinwirkung aller Bewegungen ab und sind „architektonisch“ ein kleines Meisterwerk. Leider schenken wir unseren Füßen immer weniger Beachtung und gehen manchmal gar nicht gut mit ihnen um. Sie werden in zu enges Schuhwerk gequetscht, in Socken versteckt und immer seltener trainiert. Das Ergebnis sind schwache Füße, Fußfehlstellungen und manchmal sogar chronische Schmerzen, die in den Rumpf strahlen.

Im Tanz spielen unsere Füße eine entscheidende Rolle und wir haben sie mehr im Fokus als im Alltag. Durch das Tanzen werden unsere Füße gestärkt, doch sie werden auch starken Belastungen ausgesetzt. Wenn wir wissen, wie unsere Füße aufgebaut sind und wie sie funktionieren, dann können wir sie optimal dabei unterstützen, mit den Strapazen im Tanz umzugehen, damit sie uns weiterhin stark und gesund durchs Leben bringen.

Wie sind unsere Füße aufgebaut?

Ein Fuß allein besteht aus 26 Einzelknochen und 2 Sesambeinen. Er wird unterteilt in Rückfuß (Fußwurzel), Mittelfuß (bestehend aus Mittelfußknochen) und Vorfuß (gebildet von den Zehen). Im Rückfuß finden wir das Sprungbein, was die Besonderheit hat, von vielen Gelenkflächen überzogen zu sein und von Bändern stabilisiert wird. Das Sprungbein überträgt Stöße vom Fuß in den Körper und das Körpergewicht in den Fuß. Wegen der vielen Gelenkflächen ist es sehr beweglich.

Unsere Füße müssen sehr stabil aber auch beweglich und elastisch sein. Um dies zu ermöglichen, ist der Aufbau des Fußes mit einer Spirale vergleichbar. Der Vorfuß und die Ferse verschrauben sich in entgegengesetzte Richtungen, der Vorfuß nach innen und die Ferse nach außen. Durch diese Verschraubung entsteht im Fuß eine dreidimensionale Gewölbearchitektur. Das Quergewölbe findet sich im Mittelfuß während das Längsgewölbe vom Fersenbein zum Großzehengrundgelenk verläuft.

Die Bedeutung des Fußgewölbes

Wenn der Fuß unbelastet ist, findet man das Quergewölbe wieder. Bei Belastung gibt es nach und dämpft so die Bewegung. Wenn sich der Fuß abrollt, wird das Quergewölbe flach auf den Boden gedrückt und somit der Druck großflächig verteilt. Bei jedem Bodenkontakt spannt sich der Fuß wie eine Feder und stößt sich anschließend dynamisch vom Boden ab. Ein Fuß ist also dann gesund, wenn sich das Gewölbe dehnen und wieder zusammenziehen kann. Dies wird nur durch die entsprechende Belastung erreicht (zum Beispiel beim Gehen) und so wird der Fuß gestärkt, die Bänder gefestigt und die Muskeln trainiert.

Unsere Gelenke im Fuß

Zwischen den Zehen und den Mittelfußknochen befinden sich die Zehengrundgelenke. Diese sind beweglich und wir setzen sie im Tanz ein, wenn wir uns zum Beispiel auf die halbe Spitze erheben. Die Gelenke zwischen Mittelfuß und Rückfuß sind kaum beweglich und dienen der Stoßdämpfung und dem Gleichgewicht im Fuß. Die größte Bewegung findet im Sprunggelenk statt. Es befindet sich zwischen Fuß und Unterschenkel und ist vor allem im Tanz sehr wichtig (und anfällig).

Unterteilung der Fußmuskulatur

Es gibt zwei Arten von Fußmuskeln, die für uns von Bedeutung sind: Die intrinsische, also fußeigene Muskulatur und die extrinsische, also die Muskulatur, die vom Unterschenkel über das Sprunggelenk bis in den Fuß zieht. Die intrinsische Muskulatur hat ihren Ursprung im Fuß und beeinflusst das Sprunggelenk nicht. Sie stabilisiert den Fuß und stützt die Gewölbearchitektur. Vor allem das Quergewölbe wird durch die intrinsische Muskulatur gebildet. Außerdem ist sie mitverantwortlich für die Bewegung und Kraft der Zehen. Die extrinsische Muskulatur läuft über das Sprunggelenk und beeinflusst einzelne Fußbewegungen. Der Wadenmuskel zum Beispiel ist verantwortlich für die Fußstreckung im Sprunggelenk und das Nachgeben im Plié. Die Wadenbeinmuskeln stabilisieren von außen das Sprunggelenk gegen ein Umknicken nach außen. Der vordere Schienbeinmuskel ermöglicht das Flexen und der hintere Schienbeinmuskel ermöglicht das Strecken. Der lange Großzehenbeuger ist wichtig für das Abstoßen im Sprung und die sanfte Landung sowie für die Stabilität auf Spitze.

Tücken im Tanz

Aufgrund der Fußbeweglichkeit aber auch den Anforderungen an den Tänzer*innenfuß kann es zu falschen Bewegungsmustern oder Fehlstellungen kommen, die den Tanz aber auch den Fuß beeinträchtigen. Nachdem wir uns einen Überblick über den Aufbau des Fußes verschafft haben, analysieren wir nun die häufigsten Fuß-Tücken im Tanz und schauen uns die Ursachen an.

1. Sichelfuß

Beim Sichelfuß handelt es sich um eine Bewegung des Vorfußes nach innen, die an die Form einer Sichel erinnert. Im Ballett kann es oft beim Retiré oder Tendu beobachtet werden (Bananenfuß) oder beim Tanzen auf Spitze oder halber Spitze. Wenn der vordere und hintere Schienbeinmuskel sowie der lange Großzehenbeuger an der Innenseite zu stark sind, dann ziehen sie den Fuß in die Sichelform. Dazu kommt, dass der Fuß grundsätzlich von seiner Bauart eher die Tendenz hat, nach innen zu sicheln. Um dem Sichelfuß vorzubeugen, muss beim Training auf die Fußachse und das Fußgewölbe geachtet sowie an einem muskulären Gleichgewicht zwischen Wadenbeinmuskeln und Schienbeinmuskeln gearbeitet werden. Ein Sichelfuß auf halber oder ganzer Spitze ist vor allem im Laien-Tanz der häufigste Verletzungsgrund, weshalb es entscheidend ist, sehr früh die Kraft und Stabilität im Fuß auszubilden und die Fehlstellung im Tanz zu korrigieren.

2. Rolling-in

Das einwärts Rollen beschreibt die Kippung des Fußes auf die Innenkante und das Anheben der Fußaußenkante. Am häufigsten beobachtet man das rolling-in bei einer erzwungenen Außentotation, also einem erzwungenen turnout über die Füße. Die gesamte Last des Körpers verteilt sich auf die Muskeln der Beininnenseite und kann zu Schmerzen am Innenknöchel bis hin zu einer Sehnenscheidenentzündung des langen Großzehenbeugers führen. Die Verschraubung der Füße ist nicht mehr gegeben und der Fuß wird instabil. Deshalb ist es absolut wichtig, die Auswärtsdrehung im Tanz nicht zu erzwingen und im Stand auf ganzer Sohle darauf zu achten, dass auch die Fersenaußenseite belastet wird, um die Stabilität des Fußes zu verbessern.

3. Schwälbchen

Das sogenannte Schwälbchen ist eine Sonderform des Rolling-in. Wenn der Fuß nicht aufgesetzt wird, sichelt er nach außen (erinnert an eine Schwalbe?) und wird meistens zur Verschönerung einer Arabesque oder eines Penché eingesetzt. Ob die Beinlinie dadurch schöner wird oder nicht, ist Geschmackssache, aber Fakt ist, das die Bewegung die Wadenbeinmuskulatur überlastet und das erzwungene turnout im Tanz begünstigt. Die Fußstabilität lässt nach und durch das Ungleichgewicht zwischen innerer und äußerer extrinsischer Fußmuskulatur steigt die Gefahr von Krallenzehen.

4. Krallenzehen

Wenn die Zehen anfangen zu krallen, kann es daran liegen, dass die intrinsische Fußmuskulatur zu schwach ist. Wenn die Kraft für das Strecken des Fußes hauptsächlich aus den langen Zehenbeugern kommt, so beugen die Zehen in all ihren Gelenken und es kommt zum Krallen. Die kurzen Zehenbeuger sind kaum beteiligt und es entsteht ein Muskelungleichgewicht und eine Überlastung der langen Zehenbeuger. Um dem Abhilfe zu verschaffen, ist es notwendig, das Quergewölbe und die kurzen Fußmuskeln zu kräftigen. Oft sind Krallenzehen aber auch die Folge von anderen Fehlstellungen und -belastungen. So begünstigt auch der Sichelfuß, das forcierte turnout oder die Instabilität im Fußgelenk das Krallen.

Herausforderung im Tanz

Natürlich brauchen wir auch im „normalen Leben“ stabile und starke Füße. Im Tanz sind die Füße allerdings besonders herausgefordert und somit ist ihre Funktionalität noch bedeutender. Wie alles andere auch, können die Füße nicht isoliert vom Rest des Körpers betrachtet werden. Über Muskeln und Sehnen sind unsere Füße mit den Beinen verbunden und die Beine wiederum sind ebenfalls mit Becken und Rumpf verbunden. Somit hat jede Änderung in der Wirbelsäule oder im Becken auch eine Auswirkung auf die Füße. Deshalb ist es essentiell, das Gleichgewicht und die Koordination zwischen den Muskeln zu trainieren, um die Füße im Tanz nicht zu überlasten.

In den meisten Tanzstilen werden die Füße und Beine als Basis benutzt und müssen mit der enormen Krafteinwirkung zurecht kommen. Zusätzlich werden sie durch das Tanzen auf halber Spitze, Spitze oder in Absatzschuhen belastet. Die Krafteinwirkung muss auf einer kleineren Fläche verteilt werden und fordert die Stabilität des Fußes ganz schön heraus. Auch das barfuß Tanzen strapaziert unsere Füße, denn wir sind es nicht mehr gewohnt, ohne Schuhwerk auf unterschiedlichen Untergründen zu laufen. So ist die Haut anfälliger für Blasen, Schürfwunden und andere Kratzer, die unsere Fußgesundheit beeinträchtigen können. Das Schuhwerk allgemein ist maßgeblich für die Entwicklung des Fußes verantwortlich, weshalb bei allen Tanzstilen darauf zu achten ist, dass sich die Schuhe an den Fuß anpassen können und ihn weder einengen, quetschen oder zu viel Spielraum geben. Zum Glück gibt es mittlerweile unzählige Schuhmarken für unterschiedliche Fußformen und Ansprüche, sodass es manchmal zwar Nerven kostet, den richtigen Schuh für sich zu finden, aber es lohnt sich langfristig gesehen allemal.

Fußgymnastik ist das A und O

Es gibt sehr viele spezifische Übungen für die Füße und ich kann nur raten, sich damit ausführlich zu beschäftigen und die eigenen Füße ein bisschen besser kennen und verstehen zu lernen. Im Folgenden möchte ich vier Übungen vorstellen, die bestimmt viele schon kennen, aber die so gut sind, dass sie wirklich regelmäßig ins Training und auch zwischendurch eingebaut werden sollten.

1. Quergewölbe stärken

Der Fuß ist parallel aufgestellt, während man sich bequem hinsetzen kann. Nun den Mittelfuß hochziehen, während die Zehen schön lang (ohne zu krallen!) am Boden bleiben und einen Bogen mit der Fußsohle über den Boden spannen. Ferse und Zehen berühren den Boden, die Ballen wölben sich ebenfalls leicht. Während wir diesen Hohlraum unter unserem Fuß bilden, kräftigen wir die intrinsische Fußmuskulatur und stärken den Aufbau des Quergewölbes.

2. Flex and Point mit Theraband

Bequem im Sitzen können wir das Theraband etwas unterhalb der Ballen um den Fuß schwingen und beide Enden mit beiden Händen festhalten. Wir ziehen das Theraband etwas straff und strecken und flexen abwechselnd den Fuß. Dabei drückt der Fuß gegen den Widerstand des Bandes, was die Fußstreckung anstrengender macht. Schon 10-15 Wiederholungen regelmäßig verbessern die Muskelkoordination von Schien- und Wadenbeinmuskeln sowie die Kraft des langen Großzehenbeugers. Außerdem wird die Beweglichkeit der Zehengrundgelenke gefördert und die kurzen Zehenbeuger aktiv in die Streckung einbezogen. Zusätzlich werden die Hamstrings trainiert.

3. Balancieren

Wir beginnen parallel im aufrechten Stand und stellen uns mit einem Bein auf ein gefaltetes Handtuch mit flachem Fuß. Die Rezeptoren im Sprunggelenk sind auf Hochtouren, um die Balance zu halten. Mit geschlossenen Augen wird die Übung schwieriger. Als weitere Steigerung kann die Übung in der auswärtsgedrehten Position oder auch auf halber Spitze ausgeführt werden. Diese Übung stärkt das Sprunggelenk, aktiviert aber auch die tiefsten Muskelschichten an unserem Skelett, die für Kernstabilität unentbehrlich sind.

4. Fußsohle massieren

Ja, auch Massage ist Training. Unsere Fußsohle wird enorm beansprucht, im Alltag und im Tanz. Deshalb ist es wichtig, regelmäßig mit kleinen Bällen oder den Fingerknöcheln der Plantarfaszie eine Massage zu verpassen. Die Faszien und Muskeln werden gelockert und so die Sensitivität der Fußsohle verbessert. Da wir kleinste Gewichtsverlagerungen im Körper (während des Tanzes) vor allem durch die Fußsohle wahrnehmen, müssen wir sie durch kleine Massagen regelmäßig entlasten.

Dem anatomischen Meisterwerk gebührt Respekt und Fürsorge

Unsere Füße halten wahnsinnig viel aus. Um sie auf Dauer fit und belastbar zu halten, müssen wir ihnen die Beachtung schenken, die sie verdienen. Im Alltag und im Tanz. Wenn wir verstehen, wie sich unser Fuß bewegt und welche Muskeln zusammenspielen, können wir durch gezieltes Training daran arbeiten, unsere Technik und Fußgesundheit zu verbessern. Das allerbeste daran ist, dass Fußtraining mit wenigen Hilfsmitteln in den Alltag eingebaut werden kann und gar nicht viel Zeit beanspruchen muss. Entscheidend ist die Regelmäßigkeit des Trainings. Wenn wir den Füßen einen ausgewogenen Wechsel zwischen Belastung und Entspannung ermöglichen, werden wir mit ihnen noch bis ins hohe Alter durchs Leben tanzen können.

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